Im Freien - 23 min, 35mm und 16mm, ohne Ton, A 2011

„Im Freien“ wurde Tag und Nacht durchgehend über den Zeitraum von 75 Tagen mit einem Zeitrafferintervall von einem Bild pro drei Minuten in Island gedreht. Derart wurden 24 Stunden Realzeit auf 20 Sekunden Projektionszeit komprimiert und die ungeschnittenen 75 Tage ergeben den 23minütigen Film. Gefilmt wurde mit einer analogen 16mm Bolex, die technisch mittels digitaler Videokamera, externem elektronischen Motor und eigens entwickelter Kamerasteuerungs-Software erweitert wurde.

Das 3-Mann-Team hatte auf Unwägbarkeiten sowohl das Wetter als auch fallweise die Technik und die eigenen Kräfte betreffend flexibel zu reagieren und diese in den permanent fortlaufenden Film zu integrieren. „Im Freien“ schrieb sich also von Tag zu Tag in der Art fort, dass die sich stetig entwickelnde Pläne im Dialog mit den Gegebenheiten zu dem Film formten, der letztendlich so blieb wie er aus der Kamera kam.

Im Unterschied zu früheren Arbeiten, die hauptsächlich auf den menschlichen Körper im Raum fokussierten, stehen hier mehr die verschiedenen raumbildenden Objekte in ihrem Bezug zur Landschaft im Vordergrund.


Link zu Stefan Grissemanns ausführlichem Text „Tagnachttag“ über „Im Freien“ für profil-online:
http://www.profil.at/articles/1141/560/314344_s10/kino-tagnachttag


Ausführliches Interview zum Film von Noah Manos für das TIE-Festival - in Englisch
http://albertsackl.com/interview_NoahManos.php


Text von Barbara Pichler für Sixpackfilm:

„Im Freien“ ist als Titel wörtlich zu nehmen, denn der Blick der Kamera richtet sich auf Ausschnitte einer kargen und unberührten Landschaft, die als Projektionsfläche dient, um den filmischen Apparat zu erforschen, filmischen Raum, Zeit und Bewegung zu (de)konstruieren.

Albert Sackl analysiert diese Zusammenhänge im Rahmen einer radikalen Versuchsanordnung: Gedreht wurde während des nordischen Sommers bis zum Herbstbeginn mit einem durchgehenden Zeitrafferintervall von einem Bild alle drei Minuten. In einem Prozess analoger Linearität, der ohne Schnitt knapp drei Monate auf 23 Minuten komprimiert, treffen Kamera und Landschaft, enorme handwerkliche Präzision und Phänomene wie Licht, Schatten, Wetter, Farbe, Oberflächentextur oder die im Verlauf hereinbrechenden, immer länger werdenden Nächte aufeinander. Diese Konfrontation einer vorhersehbaren, metrisch definierten Struktur und unvorhersehbarer natürlicher Abläufe bedient sich der Umgebung, ohne sich in ihr zu verlieren oder ihrer ästhetischen Faszination zu erliegen.

Die Landschaft ist gleichzeitig Projektions- wie auch Aktionsraum und so scheint es unumgänglich, dass der Mensch in diesen filmischen Raum eindringt. Zuerst zögerlich, kaum wahrnehmbar, wird kurz ein Fuß sichtbar, etwas später flüchtig eine Hand. Der Mensch, ein Fremdkörper an diesem Ort, sucht ein Verhältnis zur Landschaft und zur Kamera. Immer stärker wird diese Präsenz, auch Objekte – ein Spiegel, ein Würfel, einzelne Elemente einer architektonischen Struktur – tauchen auf, konfrontieren die Natur mit dem vom Mensch Gemachten. Und am Ende scheint sich der Titel Im Freien ins Gegenteil zu verkehren, wenn sich aus den diversen Objekten ein Raum bildet, der vielleicht ein Projektionsraum sein mag, ein materieller Verweis auf die Apparatur, die doch immer die Bestimmende bleibt: die des Kinos.
(Barbara Pichler)